Der trübe Nebel, der über dem Campus der Hochschule lag, lichtete sich im März 2018. In diesem Monat wurde ich vom Studierendenparlament der Hochschule in den Vorstand gewählt. Es hat mich entsendet, um seine Interessen in der Hochschule und Gesellschaft zu vertreten. Diese Aufgabe kommt mit großer Verantwortung und vielen Fettnäpfchen. Doch um zu verstehen, was es damit auf sich hat, muss ich etwas ausholen.
An niedersächsischen Hochschule ist das Studierendenparlament (StuPa) das höchste Gremium verfasster Studierendenschaften und trifft stellvertretend für die studentischen Mitglieder der Hochschule finanzielle, organisatorische und vertragliche Entscheidungen. In letzter Instanz ist das StuPa das Organ in dem der Wählerwille zum Ausdruck kommt und das rechtlich verbindliche Geschäfte schließen kann. Insofern lastet auf den Mitgliedern des StuPa mitsamt seiner Ausschüsse (inkl. AStA) eine große Verantwortung, zumal die Wahlbeteiligung gerade so die 10% erreicht.
Dass sich die Studierenden in einer demokratischen und selbstständigen Institution organisieren dürfen, wurde sehr lange hart erkämpft. Die erkämpften Ziele der verfassten Studierendenschaften sind die politische Selbstbestimmung in Form gewählter Interessenvertretungen und die Einübung demokratischer Praktiken. Finanziell gestützt wird der Betrieb dieser Interessenvertretung durch einen Studierendenschaftsbeitrag, der jedes studentische Mitglied der Hochschule leisten muss. Damit einher kommt auch die Notwendigkeit der Rechtfertigung für die getätigten Ausgaben, die wichtig ist, der aber aus meinem Blickwinkel in der hochschulöffentlichen Wahrnehmung zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Lange Zeit habe ich darüber nachgedacht, wie es funktionieren kann, dass so viele Ehrenamtliche an den demokratischen Prozessen teilnehmen, und einige Errungenschaften erst außerhalb ihrer Studienzeit zum Tragen kommen. Wer dankt es ihnen? Nun, genau wie im Großen, wird auch hier im Kleinen ein Organ gewählt, das alle Studierenden vertritt und im Namen der Studierendenschaft sprechen darf: Das sind die Personen, die dem Legislativorgan, dem Studierendenparlament, vorsitzen. Sie haben durch eine Wahl die Pflicht auferlegt bekommen, das Sprachrohr der Studierendenschaft zu sein.
Während die Vorsitzenden des AStA, die ebenfalls alle Studierenden vertreten, dies im Tagesgeschäft tun, haben die Vorsitzenden des StuPa die Aufgabe dies im übergeordneten und politisch neutralen Sinne zu tun. Unabhängig vom Tagesgeschäft und der aktuellen hochschulpolitischen Situation sollen sie die notwendige Wertschätzung, die Dankbarkeit, den Respekt und die langfristigen Forderungen der Studierendenschaft verkörpern.
Mir ist absolut klar, dass dies eine Aufgabe ist, die für junge Studierende schier unmöglich erscheint. Doch jeder Mensch hat irgendwo mit dem Lernen und Üben demokratischer Prinzipien angefangen. Dazu gehört es auch undemokratische Fehler zu machen und diese dann einzugestehen und zu korrigieren. Perfekte Demokratie gibt es nirgendwo, aber die größtmöglichen Bestrebungen dorthin müssen bereits ausreichen.
Ideale Interessenvertretung gab es in den letzten zwei Jahren kaum. Man kann es meiner Meinung mit einem Vollzeitstudium im Nacken kaum schaffen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Viel zu viele Möglichkeiten und viel zu wenig Zeit, um eine gute und fundierte Interessenvertretung auszuüben. Ich gab mein Bestes und das muss reichen.
Diese Verantwortung neben Studium und Privatleben zu stemmen, ist für viele Personen mit einer Aufgabe aller anderen Interessen verbunden. Je nach dem wie stark man selber versucht dieses Amt auszufüllen, verliert man sich auch in dem System und verliert den Überblick über wichtigere Dinge. Bei mir war es nach zwei Jahren soweit. An einem Punkt hatte ich das Gefühl, dass ich den Anforderungen des Amtes nicht mehr gerecht werde, und lasse meine Amtszeit deswegen nun zum März auslaufen. Es war eine schöne Zeit, in der ich viel gelernt und viel gesehen habe. Eine Zeit, die ich nicht mehr so einfach vergessen werde und die mich für mein ganzes Leben geprägt hat.
Unter vielen Dingen stechen einige wichtige Konzepte heraus, die ich zukünftig beherzigen möchte:
- Die Meinung eines Einzelnen ist relevant. Höre sie an!
- Informationen sind nicht einfach da. Hinterfrage und belege sie!
- Verspreche nicht leichtfertig. Ein gebrochenes Wert wiegt schwer!
- Jeder Mensch verdient Aufmerksamkeit. Rede mit ihnen! Anpassungsfähigkeit dieser führt zu schlechter Kommunikation.
In den kommenden Monaten werde ich die letzten Dinge regeln und das Amt übergeben. Danach folgt ein letztes Studiensemester mit anschließender Bachelor-Prüfung. Was danach kommt, steht noch nirgendwo geschrieben.